Hockenheim „der“ Wettbewerb

 

dem Vernehmen nach: große Strecken, gute Piloten und leider die letzten Jahre immer schlechtes Wetter. Dieses Jahr zum ersten Mal im Mai, die Hoffnung auf besseres Wetter wird durch die Statistik genährt.

Ich fliege zwar erst meinen zweiten Wettbewerb, aber ich will ja nicht gewinnen und ein Platz im ersten Drittel scheint mit ein realistisches Ziel zu sein. Hockenheim soll außerdem mein Training für den Wettbewerb in Cottbus/Neuhausen sein, dort will ich mich für die deutschen Meisterschaften in der Clubklasse qualifizieren.

 

 

(Foto: Uwe Melzer)

 

 

Hockenheim 1.Tag  (20.05.2004)

 

AST Dreieck 339.1 km AP3 WALLDORF => WUERZBURG SCHENKENT => ELLWANGEN => ZL2 320

 

Ich beginne heute etwas früher wie die übrigen Teilnehmer, meine LS4 wartet nach der gestrigen Außenlandung noch auf ihre Reinigung.

Ich bin einen Tag früher angereist, das Wetter sollte gut werden und ich hatte einen Flug über 550km geplant: Hockenheim – Weißenburg- Donaueschingen – Hockenheim. Am Platz war aber nur schwer ein F-Schlepp zu organisieren, keiner teilte meinen Optimismus – so konnte ich den ersten Schlepp des Tages gegen 12.45 Uhr machen. Nach einem etwas mühsamen Wegkommen  fand ich mich nach 40 Kilometer in der Platzrunde von Schreckhof (Mosbach) wieder, es war zwar kein Betrieb aber ich konnte mich auch wieder hochbasteln. Der Rest der Stecke lief bestens, ein bisschen Rückenwind, gute Wolken um 15.20 Uhr erreichte ich nach zwei Stunden und zehn Minuten meine erste Wende, kein schlechter Schnitt für 190km. Ich entschloss mich trotzdem zur Umkehr,  denn ich wollte den Trainingstag nicht mit einer Außenladung beenden, mein Ziel war es den Wettbewerb ausgeruht zu beginnen. Der Rückweg ging zunächst flott voran, aber nach passieren der A7 wurden die Wolken immer weniger, die Steigwerte nahmen ab und der Wind frischte unangenehm auf, also beim Hinweg war da Alles anders. Nach zwei Stunden hatte ich erst 90km zurück geschafft, es gibt keine Wolken mehr, Steigen eigentlich auch nicht mehr und ich konnte nicht glauben das es hier zu Ende sein sollte – es war zu Ende – 17.27 Uhr Landung in Mäussdorf. Eine Außenladung ist kein Beinbruch, ich fand nette Einheimische die mich zu sich nach Hause einluden, mir beim Abrüsten halfen und um 23.00 Uhr war ich Dank eines Kollegen aus der Standardklasse (DANKE Michael) zu Hause.

Aber ich bin guter Dinge, das Flugzeug ist schnell sauber und neu gewachst, es waren nicht so viele Fliegen wie in den letzten Wochen unterwegs und ich beginne zu glauben dass das Fehlen von Mückenputzer kein allzu großes Handikap darstellt.

Ich versuche die fehlende Flächenstütze (die ich gestern bei der Außenlandung nicht im Hänger vorfand) aufzutreiben, aber das Teil bleibt verschwunden, für den Wettbewerb werde ich wohl ohne auskommen müssen.

Der Flieger ist aber im Top Zustand, alle Geräte und auch der iPAQ laufen ohne Probleme und auch sonst fehlt nichts mehr. Dank der fast 100%igen Vorbereitung sollte ein stressfreier Wettbewerb vor mir liegen.

 

Briefing 10.00 Uhr: Walter Herrmann unser Meteorologe verspricht uns einen guten Tag, abschwächender Hochruckeinfluss, im Südschwarzwald am Nachmittag einzelne Wärmegewitter, Wolken ab 13.00 Uhr mit 1500m, Basis auf 2200m ansteigend, zwischen 15.00 und 16.00 Uhr 2-3 m/s Steigen, Wind aus West mit 20km/h. Die Wettbewerbsleitung schreibt 339 km für die Clubklasse aus, eine Racingaufgabe um zwei Wendepunkte: Würzburg und Ellwangen.

 

 

 

Mein Start ist um 13.00 Uhr, die ersten Bärte am Platz sind wie vorhergesagt, 1,9 m/s integriert. In der Startreinfolge war ich heute weit hinten und ich entschließe mich direkt nach Toröffnung abzufliegen. Noch mal Höhe gemacht nicht zu hoch abfliegen, das hat mich auf meinem letzten Wettbewerb Strafpunkte gekostet, Ziellinie unter 1500m MSL überflogen alles o.k., doch schon der Einstieg in den Odenwald gestaltet sich etwas schwerer, die ersten Bärte geben nur 0,7 bis 1 m/s, zu schwach also weiter, das Gelände steigt an, die Höhe fällt, aber der nächste Bart bringt mit 1,2 ms und der zweite mit 1,4 m/s zusammen ca. 550 Höhenmeter. Ein Blick auf die Flächen, da haben sich aber eine Menge Fliegen angesammelt, es geht gut weiter 550m mit 1,9 m/s der Tag könnte wirklich gut werden.

Der erste Schenkel ist sehr durchwachsen, mal geht es schlecht dann wieder besser aber zur Basis komme ich nur noch selten.

Der Wind ist entgegen der Vorhersage kaum vorhanden aber schon vor Walldüren muss ich meine Höhe mit  Einmeter Bärten machen  und mit jedem Kreisen wird die Flächennase dunkler. Nach Walldüren geht es wieder besser, ich erreiche 1600m und die Steigwerte nehmen wieder zu (1,6 m/s). Vor der ersten Wende wird’s dann aber wieder schlechter, den Einmeter Bart finde auch ich dank der vielen Flugzeuge um Würzburg recht schnell, wenden und weiter auf Kurs, aber trotz leichten Rückenwindes komme ich nicht recht voran. Bei Giebelstadt bin ich wieder tief, der Luftalarm geht los – Gott sei gedankt sind die Kontrollzonen heute alle nicht aktiv – mühsam in einer viertel Stunde Höhe machen dann mit 110km/h ein paar Kilometer vorfliegen und wieder viel Höhe vergeigt. Die Flächennase ist mittlerweile schwarz vor Fliegen, mir beginnt zu dämmern wieso die LS4 weder steigt noch fliegt, noch mal einen passablen Bart mit 1,4 m/s auf 1600 m genommen und weiter auf Stecke. Ich fliege langsam auf die nächsten Wolken zu, die Höhe nimmt rapide ab, der Luftalarm geht wieder los – zum Glück ist Niederstetten heute nicht aktiv -  wieder nichts zu finden, der nächste Platz auf Kurs ist laut Instrumenten im Gleitwinkel, ich beschließe den Teilen nicht zu trauen weil ich für die Verschlechterung durch die Mücken keinen Schätzwert habe (nachher werde ich feststellen das ich mit der LS4 für 25 km Strecke 1050 Höhenmeter verbraten habe). Zwei Minuten verbringe ich in einem Nullschieber, dann gebe ich auf und entschließe mich zur Landung, bis Leuzen zum Platz sind es 5 km, mit meiner Höhe nicht zu erreichen. Ich kann mir die Gegend gut ansehen, ich bin zwar nicht mehr besonders hoch habe aber die Auswahl zwischen mehreren Feldern die braun aussehen und Wiesen die gerade abgemäht werden. Ich entscheide mich für ein braunes Feld im Direktanflug, dafür ist es dann doch zu Nahe, also noch mal ein Vollkreis in niedriger Höhe – blöde Idee dieser Vollkreis, ich bin schon ziemlich Tief, unter mir sind auch noch ein paar Bäume, die Klappen der LS4 hätten auch ausgereicht, Anflug mit 90 km/h, abfangen, das ausrollen wird dann doch etwas kürzer weil das Hauptfahrwerk einsinkt. Pilot und Flugzeug sind o.k. jetzt erwarten mich andere Aufgaben.

 

(Foto: Heinz Plajer)

 

Wettbewerbsleitung anrufen und die Außenlandemeldung durchgeben von drei Telefonnummern klappt zum Schluss die Letzte.

Ich laufe zurück zur Ortschaft um zu sehen wo ich bin, Wolkersfelden (in der Nähen von Niederstätten) ein Ort mit einer Straße und ca. 20 – 30 Häuser, halt…. eine kurze Strasse mit 5 Häuser geht am Ortsende ab. Keine Kirche, keine Kneipe, eine Busstation und ein älteres Ehepaar das mich nach dem woher und wohin fragt. Dies soll auch der fast letzte Kontakt zu den Einheimischen sein.

 

Einen Rückholer habe ich, aber der fliegt noch und mit seinem Klapptriebwerk bestimmt solange bis das Rad rollt, aber zuerst mal am Platz angerufen und meine Position durchgegeben und ein bisschen Wartezeit eingeplant, es ist schließlich erst um fünf Uhr nachmittags.

Das ältere Ehepaar kommt mit einem Pkw vorbei und bietet mir an mich zum Flugzeug zurückzubringen, da sage ich nicht nein. Am Flugzeug kommt es dann zur zweiten und letzen Begegnung mit Einheimischen.

 

(Foto: Heinz Plajer)

 

Es ist der Besitzer des Ackers, ein gestandener Bauer mit einer Halskrause (Schleudertrauma? Von irgendwo, irgendwie runter gefallen?). Ob alles in Ordnung wäre, ich bejahe, das mit dem Acker wäre ja nicht so gut gewesen, wieso ich nicht die Wiese dahinter genommen habe? Ich antworte mir ist ein braunes Feld lieber, auf einer grünen Wiese sieht man in der Regel kleine Gräben oder Zäune nicht. Er fragt wie es den mit dem Flurschaden wäre, ich bemerke ein Tempotaschentuch mit Schriftzeichen im Fenster der LS4. Ich sehe mir noch mal den Acker an, die Radspur der LS4 ist deutlich zuerkennen, kein Zweifel diesen Schaden habe ich angerichtet. Den Schaden kann man sicher an Ort und Stelle bereinigen, also frage ich wie hoch er denn wäre? Er fängt an zu rechnen, Feld einen halben Meter tief umgraben, so und so viele Reihen Breit in so einer Länge würde so ungefähr 100,- TEURO ausmachen. Eine schnelle Rechnung meinerseits, erster Wettbewerbstag, noch neun Tage vor mir, eine bisschen Tanken und Essen, mit meinen Barreserven komme ich überschlägig bei ähnlichen Gebühren nur 2-3 Tage weit. Ich hebe das Papiertaschentuch auf, die Adresse des Besitzers steht drauf. Meine Antwort folgerichtig, das Flugzeug ist versichert er bekommt alle notwendigen Daten von mir und die Versicherung zahlt dann.

So ein Flugzeug ist doch teuer sagt er, wie viel kostet es? Letztes Mal hat der Pilot 100,-DM gezahlt und ist gleich wieder weggefahren! Ach so…, er weiß das von Außenlandern Geld zu holen ist. Ich antworte wahrheitsgemäß so eine LS4 in dem Zustand kostet ca. 30.000,- EUR (und denke mir, wahrscheinlich billiger wie sein Nobeltraktor).

 

Es ist 18.00 Uhr und ich bin jetzt allein am Flugzeug, Gelegenheit die Karte zu betrachten und festzustellen dass ich gestern ca. 20 Kilometer von hier (in Mäussdorf) gelandet bin. Gelegenheit nach Hause anzurufen, den Himmel zu betrachten - schon wieder ein F-Schlepp jetzt aber mit einem anderen Kurs.

Sieben Uhr ein Anruf aus Hockenheim, dort alles in Butter. Es wird kälter, Jacke mitgenommen und in den Ort gelaufen, eine Parkbank – die einzige Sitzgelegenheit außer der Bushaltestelle und viel Zeit nachzudenken. Über Sinn und Zweck des Lebens und ob Segelfliegen wirklich das richtige Hobby ist.

Nach Acht ein Anruf, Hansa ist gelandet ich denke mir sie werden wohl bald losfahren und bis spätestens 22.00 Uhr hier sein. Noch mal zum Flugzeug und zurückgelaufen, beim Rückweg ist es schon Dunkel und noch kühler geworden. Ich gehe zur Bushaltestelle, die ist überdacht, gegen  21.20 Uhr ein Anruf: Wir sind losgefahren!

Die Ankunft wird sich wohl etwas verzögern vor 23.00 Uhr werden sie nicht hier sein. Ein weitere Anruf, wir sind bei Feuchtwangen und tanken – mein Fehler – gestern nach der ganzen Rückholerei habe ich nicht getankt.

22.00 Uhr wird im Ort die Beleuchtung abgestellt, jetzt ist es bis auf ein erleuchtetes Fenster und durchfahrende Autos duster, in der Haltestelle kann man es aushalten und noch mehr Zeit die mögliche Ankunft der Rückholer auszurechnen. Gegen elf Uhr mache ich mich auf den Weg zur Parkbank am Ortseingang, der Weg ist nicht sehr lange aber nicht ohne Gefahren, einzelne Pkws durchqueren den Ort mit zügiger Geschwindigkeit, ohne Frage: Nachzügler einer Dorfrallye die Verzweifelt den Anschluss an das Hauptfeld suchen.

 

Kurz nach der vollen Stunde sind Hansa und Andrea da also ab zum Feld um im Scheinwerferlicht die LS4 im Hänger zu verstauen, vor Mitternacht können wir dann nach Hause aufbrechen. Ankunft in Hockenheim um 2.00 Uhr morgens, da kann ich von Glück reden das der nächste Tag neutralisiert wurde.

Meinem Selbstwertgefühl tat es gut dass an diesem Tag keiner die Aufgabe geschafft hatte und auch einer unserer DUOs (am Heimatplatz) mit leerem Tank in Suhl gelandet ist.

 

Unser Meteorologe sagte am nächsten Morgen dass der Tag allgemein überschätzt wurde und er eigentlich den Warmlufteinbruch, der den Tag so schnell verschlechterte, hätte erkennen müssen.

 

Meine Platzierung:

Pl WBK Pilot(in) Land/Verein Flugzeug Abflug Ziel Km Km/h Pen Tagespkte

1 UWE Uwe Melzer FSV Speyer LS 4 13:50:36 302.8 948

1 UY Dieter Bartek SFG Giulini LS 4 13:50:25 302.7 948

3 6J Martin Bauer AeC Tauberb LS 1F 13:41:18 274.2 910

......
19
T Heinz Plajer Akaflieg Frankfurt LS 4 13:28:37 159.0 498

……

28 WE Carsten Bauder SFG Weshofe DG 300 13:30:04 55.3 173

29 2P Uwe Bodenheim SFG Wershof ASW 15 0 0

29 OC Holger Spangenberg AC Braunsch LS 1C 0 0